Montag, 14. Dezember 2020

Eisenmann will's wissen? Magistra Furiosa antwortet gern!

SCHULE IST OFFEN

"Das Wochenende war angespannnt. Seit Monaten beobachten wir Lehreinnen und Lehrer die Corona-Infektions-Lage und hören ein ums andere Mal das Abschwächen dieser, deren Zuspitzung von namhaften Wissenschaftlern prognostiziert wurde, durch Frau Eisenmann und Frau Gebauer aus NRW. 

Wir schauen zurück in den Sommer: Erst sollte ab einer Inzidenz von 50 gehandelt werden - darüber lachen wir noch immer. Die Zahlen stiegen an, vom "regionalen Lockdown" nirgendwo eine Spur. Stattdessen die Gebetsmühle: die Schulen müssen offen bleiben (als wäre Präsenz das einzige Mittel für Bildungsgerechtigkeit! Das ist es dann, wenn die Ministerien keine Alternativen zulassen, sonst nicht!).

DEHNBARKEIT DER GRENZEN - WERTE? VERGISS ES!

Wir sind nun im Dezember 2020 bei der Ausdehnung der Grenzwerte auf 300 angelangt. Wir kriechen schon seit dem Sommer auf dem Zahnfleisch, als wir versucht haben, den Stoff doppelt vorzubereiten - für die Präsenz und den eventuellen Lockdown. Wir haben, im Gegensatz zum Kultusministerium, vorgearbeitet und etwaige Szenarien erprobt. Wir sind gut aufgestellt an unserer Schule, haben 100 Leihrechner (für Kinder aus bildungsfernen Schichten, von denen VIER abgerufen wurden!). Wir haben seit dem 6.3.2020, an dem wir das erste Wochenende als Kollegium quasi wach am Stück waren, unsere Schule digital abgebildet und liefern seit diesem SJ parallel für zuhause bleibende Kinder in der Lernplattform Moodle nach jeder Stunde, was in Präsenz gearbeitet wurde - natürlich an das Medium angepasst. Das flächendeckende Hybridunterrichten, das uns Angst, Sorge und nicht zuletzt auch gesellschaftlich Infektionsdruck genommen hätte, wurde in Baden-Württemberg vernachlässigt, Tablets, die Anfang Juli (!) an anderen Schulen bestellt wurden, kamen in der ersten Dezemberwoche und sind noch nicht eingerichtet. Wie auch? Die Kolleginnen und Kollegen bekommen nicht mal etwas dafür. Auch sie "krebsen" am zeitlichen und nervlichen Limit. 

Es ist die Anspannung mit Händen zu greifen. Ich selbst kann langsam nicht mehr. Der Spagat mit zwei Kindern, zwei Schulen, an denen ich unterrichte - also insgesamt vier Schulen mit den jeweiligen Regeln, Befindlichkeiten, etc - und einer Mutter, um die ich mich sorge, sprengt mich langsam psychisch. Meine Tante hat den zweiten Stent bekommen, sie ist alleinstehend, genauso wie mein 80jähriger Onkel. 

Wir verlieren nicht nur die nummerischen Werte. 

WIR SIND IM KRIEG

Während die Bundesregierung seit Wochen erklärt, jede/r, der/die kann, solle ins Homeoffice, müssen wir Lehreinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, an der vordersten Front stehen. Vor uns die feindliche Linie an potentiellen Aerosolspreadern, die auch nur deswegen da sind, weil es der Anstand gebietet oder die Pflicht einfordert - unsere Schülerinnen und Schüler, die genau so wie wir einfach nur seit Monaten leiden und dem Druck ebenfalls nicht mehr lange stand halten, der sich deswegen aufbaut, weil wir ja aus dem ersten Lockdown gelernt haben: es kann jeden Moment kollabieren, das System, deswegen müssen wir juristisch valide Noten generieren. Damit wir nicht vors Strafgericht gezogen werden. Das militärische Vokabular ist bewusst. Wir alle sind das Kanonenfutter auf dem Weg von Frau Eisenmann nach oben - der Name scheint Programm.

Wenn es um die Impfung geht, dann stehen wir Kontaktpersonen ohne jeden Schutz an dritter Stelle. Die Merkmale der Risikobewertung wurden zurückgestuft - Hypertonie, Übergewicht, Diabetes gelten der Einfachheit halber nicht mehr als Risikofaktor - seid ja selbst schuld, wenn es euch erwischt, sind Zivilisationskrankheiten. Was fresst Ihr auch vor dem Rechner?! JA, WIESO?! Wer den Job ernst nimmt, hat seit NEUN MONATEN keine Zeit mehr, so einfach ist das. Weil wir selbst in den Sommerferien Mailverkehr hatten, um uns vorzubereiten, Mut zuzusprechen, Angst zu nehmen. Weil wir nebenbei kranke Kinder beschulen, die nicht in die Schule sollten - und unsere eigenen: aus Vernunft! Weil wir als Mütter und Lehrerinnen auch noch die übliche "Sorgearbeit" machen - die älteren Verwandten im Blick haben, ggf. einkaufen, damit sie nicht infiziert werden.

Mich verlassen langsam meine Kräfte, denn ich habe seit MONATEN das getan, was sinnvoll ist: alle anderen Kontakte reduziert. Dadurch wird vieles schwerer, nicht zuletzt das Leben meiner Kinder, die hier mitziehen. Seit Monaten nur ein oder zwei ausgewählte Freunde treffen. Schulisch begleiten kann ich sie nicht, weil ich selbst an die Schule muss. Homeoffice? Geht nicht, weil ja alle Kinder beschult werden müssen. Ausnahmslos. Durchgängig. IMMER. Egal, wie die Infektionsraten sind.

DIFFERENZIERUNG? ABER NUR FÜR EUCH ALS LEHRER!

Diese Gleichsetzung von fast erwachsenen "Schulkindern" mit Kita-Kindern und Grundschulkindern ist nur einer der "Denk-"Fehler dieses Ministeriums - nähme es nämlich die vom gleichen Ministerium in Auftrag gegebenen Studien zur Infektiosität von Kindern und Jugendlichen ernst, höbe es die gesellschaftlich-moralische Schulpflicht im Sinne eines Präsenzunterrichts für die Über-Zehnjährigen auf. Stattdessen wiederholt Eisenmann das Mantra: "Die Schulen sind keine Infektionstreiber!" - man möchte gerne wissen, woher sie ihre Expertise für dieses Narrativ nimmt. Zahllose Studien stehen dagegen, raten an, die Altersgruppen zu differenzieren, zwischen Infektiosität, Virenbelastung und Kindern als asymptomatische aktive Vektoren zu differenzieren. Das Long-Covid-Syndrom bei asmptomatischen Menschen wurde entdeckt, jede/r Biologe kann ihr erklären, dass die Strategie dieses Virus ist, über die Jüngsten unbemerkt in die Populationen vorzudringen, um die Alten und Schwachen im Sippenverbund zu eliminieren. Ein sehr hilfreiches und einfaches, ein effizientes , biologisches Prinzip. Man sollte dazu stehen, wenn man es erkennt - und nicht so tun, als sei jede/r selbst verantwortlich für das eigene Wohl und Wehe.

Der zweite "Denk-"Fehler: Beamte sind unkaputtbar!

Ich bin mittlerweile ausgebrannt. Ich habe die letzten 15 Jahre lang diesen Beruf sehr gerne gemacht. Mich fortgebildet, bin Ethiklehrerin und Theaterlehrerin im Zusatzstudium berufsbegleitend geworden, habe jetzt vier Fächer und Grundlagen in der Gewaltprävention. Meine Kinder, meine Schülerinnen und Schüler, sind mir wichtig. Der Beruf an sich ist großartig, auch wenn er per se schon Nerven kostet, aber das wusste ich. 

Nur... jetzt erwäge ich tatsächlich den Rückzug. Ich fühle mich verheizt, respektlos ausgebeutet ("Wir machen hier keine Ferien für die Lehrer!"); nachdem ich monatelang Ängste gelindert und den Stoff sinnvoll portioniert habe. Wer mich genauer kennt, weiß, dass ich niemand bin, der bei einfacher Belastung jammert, ich korrigiere auch mal freiwilllig ein Abitur mehr oder schreibe unbezahlt pädagogische Konzepte oder Jahrbücher. Nebenher redigierte ich auch für einen Schulbuchverlag - einfach, weil ich gerne arbeite. Aber es reicht mittlerweile. 

Ihr macht mich kaputt - und mit mir viele andere, über deren "mangelnde Empathie", deren "Egoismus", deren "Faulheit" ihr dann schimpft, wenn Ihr selbst wieder die Kraft habt....

SCHLUSS - ES REICHT!

Es reicht einfach, dass wir nicht nur die Belastungen unter Pandemiebedingungen, sondern dazu noch den fehlenden Respekt und die Sorglosigkeit der Politik ertragen müssen. Selbst "die Gesellschaft" hat mittlerweile verstanden, was da auf unserem Rücken veranstaltet wird. Und nicht nur auf unserem. Auch viele Kinder und Jugendliche, ihre Eltern und Großeltern, sind in Sorge. War im Mainstream der Bevölkerung vor sechs Monaten noch der Glaube gesetzt, "die Lehrer wollen halt nicht", erkennen die Schimpfenden jetzt: sie wollen - KÖNNEN und DÜRFEN aber nicht. Es fehlt das juristische Gerüst, die technische Ausstattung und ja, bei manchen, meist älteren, Kolleginnen und Kollegen auch die didaktische Schulung. Aber wann in diesen letzten Monaten hätten sich die Kolleginnen und Kollegen denn schulen lassen sollen? Zwischen 22 Uhr und 3.00? 


FRAGEN AN .....EISENMANN WILLS WISSEN?! ACH GEH, BAUER!

Fassungslos beobachten wir ausgeschüttete Alibimaßnahmen wie "Kindergeld-Sonderbonus", stinkende FFP2-Masken, OP-Masken mit Verspätung - das Geld dafür hätte in Luftwäscher längst investiert sein können, wäre es um Hilfe gegangen. Aber man begnügt sich diesbezüglich mit gefällig erstellten Gutachten des Umweltbundesamtes und lässt Kinder und Lehrer frieren. Natürlich ist das Lüften die beste Lösung - aber Luftwäscher würden die Anwesenden entspannen! Haben Sie jemals versucht, durch eine FFP2-Masle eine dreiviertel Stunde lang zu sprechen, Frau Eisenmann? Haben Sie überhaupt jemals unterrichtet? Wohl kaum. Sie sprechen von Schule also als... ja, als WAS? WOHER nehmen Sie das Recht, über diese Insttutionen zu sprechen, außer aus ihrer eigenen, offenbar eine Weile zurück liegenden, Schulzeit? Haben Sie versucht, INHALTE, durch das Rauschen einer 28-köpfigen Klasse, Blätterrascheln, Kuliklicken hinweg, zu vermittel? Nach 30 Minuten haben Sie Halsschmerzen, gehen aber nicht heim, obwohl das ein Covid-Symptom wäre, weil Sie als Lehrkraft nämlich, wider alle Unkenrufe, mehr Anstand im Leib haben als alle Minister der Landes- und Bundesregierungen zusammen. SO ist es nämlich. Nach einer Dopplestunde ächzen Sie - und dürfen sich, falls Sie die Maske kurz abnehmen, im Falle einer Covid-Erkrankung anhören, dass Sie sich wohl nicht an die Abstands- und Hygieneregeln gehalten hätten, denn aus den Schulen könne die Erkrankung nicht kommen - die sind ja sicher, wie die Gutachten aus den Sommerferien bewiesen.

Wenn Sie es wissen wollen, probieren Sie es doch bitte einen Schultag lang mal aus, liebe "Bildungsminister*innen der 16 Länder!

NICHT RELEVANT - HEUTE SO, MORGEN SO!

Damit nicht genug: Als arbeitsbedingte Erkrankung, nachdem Sie in die Schule oder Kita gedrängt wurden, obwohl Sie offensichtlich zu einer Risikogruppe zählen, die Sie im Frühjahr noch invalidisiert hat, gilt das Covid-Syndrom nämlich nicht. So ist das in Deutschland - Rücksichtslosigkeit um jeden Preis und auf Kosten der "Systemrelevanten". Ach was - das sind Lehrer ja nichtmal. Nein, wir sind nicht relevant.

Dann noch die Häme.  Stellt Euch doch nicht so an, was soll denn "der Arzt"/ "die Kassiererin"/ "xy" sagen? Ja, vermutlich das Gleiche wie wir: dieses System ist Mist, in dem alles aus Angst vor ein paar gegenredenden Leerdenkern bis zum Schluss gedehnt wird, um dann zu kollabieren. SO geht es nicht weiter. Wir können nicht mehr.  Seit Monaten bewegen wir uns mit unseren Familien am Rande des Abgrundes, machen es garantiert niemandem recht und sind der Willkür und der fehlenden Planungsbereitschaft der Kultusministerien ausgesetzt. 

Kein Arbeitgeber außer dem Staat dürfte sich so verhalten. Kein Arbeitnehmer würde dieses Pensum an unbezahlter Mehrarbeit machen. Ja, wir gehören zur privilegierten Gruppe der sicheren Arbeitsplatzinhaber. Und JA, dafür tun wir auch viel. Aus Idealismus, verdammt nochmal. Aus Liebe zu diesem Beruf. Und aus Achtung vor den uns anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Wir tun sehr viel Ungesehenes. Und eben auch sehr viel Unbeachtetes. Von der "normalen" Bevölkerung erwarte ich weder Klatschen noch Dankeslieder. Und von meinem Arbeitgeber keine Schweigegelder wie die lächerlichen 600 Euro "Bonus" für die Schulleitungen. Jemand, der in "der Wirtschaft" arbeitet, lacht sich darüber schier schlapp - weil es in keinem Verhältnis steht zum Geleisteten. Was ich aber erwarte, WENIGSTENS vom Arbeitgeber, ist RESPEKT.

Ihre zu den Ministerbriefen wiederholt dazu geschriebene "Dankesworte", Frau Eisenmann, drücken diesen Respekt nicht im Mindesten aus - sie wirken wie ein Schlag ins Gesicht!

HANDELN SIE ENDLICH, statt weiter leere Worte zu produzieren, sonst MÜSSEN Sie sich tatsächlich irgendwann selbst vor die Klassen stellen - Menschen mit diesem Grad an Belastbarkeit, wie wir ihn derzeit demonstrieren, zusammen mit unserem abgelegten hochqualifizierten Studium in Fremdsprachen, Naturwissenschaften und Praxiserfahrung im methodisch-didaktischen Bereich oder sogar Coachingkompetenzen werden nach dem wirtschaftlichen Kollaps nämlich als Führungskräfte zum Wiederaufbau gesucht!" (ak)

#hörtunszu

 


 


Montag, 16. September 2019

Wieder mal macht Nehren sich so RICHTIG lächerlich

16.9.19 - Der Gemeinderat Nehren soll den Antrag der SPD und der AL abstimmen, ob ohnehin zu bepflanzende Rabatten mit "essbaren Pflanzen" für die Bürger bepflanzt werden dürfen oder nicht.

Der Listenführer der FWV macht ein Theater sondersgleichen, dass die Gemeinde nicht die Verantwortung übernehmen kann, die bei den Eltern läge: den Kindern Natur beizubringen! BASTA!

Schützenhilfe vom Kollegen, Vorstand des Kleintierzuchtvereins (mit schwindender Mitgliederzahl): GENAU!
"Diese Eltern sollen eben mit den Kindern in den Obst- und Gartenbauverein gehen - und nicht Minze und Beeren im öffentlichen Raum pflanzen. Wir machen uns ja lächerlich! {Zitt aus Emails, die er wohl bekommen hat]"
Stimmt!

Nehren hat heute in kurzer Zeit zu erwartende 500.000 Euro durchgewunken und genau DER FWV-Herr, der sagte man mache sich lächerlich, hat es geschafft, sich in einer Minute zweimal zu widersprechen und seine Fraktion sah sich bemüßigt eine EINSTÜNDIGE Diskussion vom Zaun zu brechen, ob man als Kommune das "Wagnis" eingehen darf, Kräuter und Beeren statt Rosen und Petunien zu pflanzen.......

MEINE GÜTE - das ist echt blamabel, DA stimme ich zu!
Ach und der Bürgeremeister? Mal so, mal so!

Freitag, 26. April 2019

Die GRÜNEN und Ihr Problem


Wenn ein Robert Habeck, der selbst genug Industrie-Dreck am ökologischen Stecken hat, sich gegenüber einem Herrn Palmer mokiert, dann zeugt das nicht nur von fehlender Parteigröße, sondern ist letztlich zum Lachen.
Unglaubwürdiger geht es kaum. Als Zuarbeiter von Tönnies in erbärmlichen Diskussionen um vermeintliche "Bio"Sicherheit noch zu behaupten, man habe grüne Werte im Herzen, war Wahlkampagne auf dem Weg nach Berlin. Behaupte ich - ohne den Anspruch auf Wissen zu erheben. Denn: in dubio pro reo, ehe man den Rücktritt fordet.
Dass sich dann Mitläufer der Partei dem Lamento von oben anschließen, wundert auch nicht - der aktuelle #grüne Kurs ist Mainstream.
Okay - das kann die Welt verändern und ich hoffe darauf. Mir sind die Grünen lieber als andere - auch wenn ich ihnen gewiss nicht kritiklos gegenüber stehe.
Macht mich das jetzt zum Antidemokraten? Weil ich nicht blank öko, nicht vegan und noch dazu hellhäutig bin? Weil ich hier die männliche Form benutze, statt sie zu verweiblichen, was ich im Grunde genommen richtiger finde - aber nicht tue, um zu provozieren. Um zum Nachdenken anzuregen.
Macht mich der Verweis darauf, dass ich eine bestimmte Hautfarbe habe, zur Rassistin?
Nein - erst wenn ich sie bewerte! Und DA hängt es doch! Es liegt ein Unterschied zwischen Benennen und Bewerten. (Und ich muss zugeben: VOR der Welle um den vermeintlichen Rassismus ist mir die Hautfarbe der Leutschen nichtmal aufgefallen - ich bin diesbezüglich farbenblind)

Dass nun mal wieder reflexhaft der Rücktritt gefordert wird, zeugt doch nur davon, dass diejenigen, die Boris' Schnelligkeit kommentieren und beklagen, selbst keinen Deut besser sind. Gedankenlos den Rücktritt eines erfolgreichen Politikers zu fordern, weil er - zugegebenermaßen wenig ästhetisch, wenig stilvoll und unbedacht - auf den positiven Rassismus unserer Zeit hinweist, ist lachhaft.

Nicht Palmer ist rassistisch, sondern diejenigen, die den positiven Rassimus betreiben und damit allen, die tatsächlich von Rassismus betroffen sind, einen Bärendienst erweisen, indem sie - so wie Boris es benennt - eine verfälschte Gesellschaftssituation abbilden.
DARUM ging es. Und nicht um eine Bewertung der Hautfarbe, der Religion oder anderer persönlicher Merkmale. Dass sich Menschen durch Palmers Post rassistisch diskriminiert fühlen, ist eigentlich nicht sein Fehler - sondern der der Bahn. 
Auch "positiver Rassismus" ist Rassismus - und er ist es erst dann NICHT mehr, wenn Hautfarbe so egal ist, dass die Abbildung der Wirklichkeit entspricht. Das tut sie nicht. Punktum. 
Denn sowohl in der ersten Bahnklasse als auch in den Riegen der Aufsichtsräte dominieren - wie einst in der Polis des antiken Athen - RICHTIG: die weißen Männer!
Aber, zugegebenermaßen - lieber Boris.... nochmal ein Rhetorikseminar, ein kleiner Exkurs in die Medienwissenschaften, eine kurze Sekunde der Umformulierung, dann klappt auch der Weg in die oberste 'Grüne Riege", wie Herr Habeck es vorlebt.
Willste gar nicht?! GUT SO!
Die #GRÜNEN tun gut daran, Dich zu behalten - damit der Mainstream auch noch Stromschnellen hat!

Freitag, 20. Juli 2018

Sommerzeit - Notenzeit - Zeit der gebrochenen Kinder


Die Schule - Ein Problem unserer Gesellschaft


Der Kommentar eines Menschen kann maßgeblich dazu beitragen, dass ein Kind freudvoll lernt. Oder er kann das Gegenteil bewirken. Manchmal bedarf es nicht einmal eines Kommentars - da reicht auch ein Blick bei der Notenübergabe. Wie jedes Jahr im Sommer, wenn zig gekränkte Seelen in sechs lange Wochen entlassen werden.

Lehrer sind Menschen in besonders verantwortungsvollen Situationen und Positionen – sie sind verantwortlich dafür, dass aus Lernern glückliche Lerner werden und aus diesen schließlich unsere künftigen Gynäkologen, Quantenphysiker, Automechaniker, Erzieherinnen und vielleicht auch wieder Lehrer oder Lehrerinnen.
In der Lehrer Hand liegt die Macht, die Welt zu verändern.
Das ist kein Pathos – das ist die Realität. Und in Zeiten, in denen Nachrichten über Grundschulen veröffentlicht werden, in denen es darum geht, dass Kinder auf Lehrkräfte einschlagen, müssen wir uns als Gesellschaft fragen:

WAS LÄUFT IN UNSEREN SCHULEN SCHIEF?


Es läuft sehr viel schief. Denn in Schulen arbeiten Menschen – und zwar Menschen, die das Recht haben, auch als solche behandelt zu werden – damit sie die ihnen anvertrauten kleinen Menschen ebenfalls wieder als solche behandeln können.

Allerdings klappt das häufig nicht – denn auch in unserer Gesellschaft läuft viel schief. Die Schulen wiederum sind letztlich die Spiegel und Produktionsstätten dieser Gesellschaft.
Wir befinden uns also in einem Kreislauf, in dem vor allem eines vorherrscht: das Zuschieben gegenseitiger Verantwortung. Dabei geht viel anderes verloren. Menschlichkeit zum Beispiel. Aber wir hören es ja immer wieder:


Wir müssen effizienter werden. Wir sollen schneller werden. Wir sollen gesund bleiben. Wir sollen leisten und gleichzeitig glücklich sein. Wir sollten politisch werden. Wir sollten sexy sein. Und klug. Und am allerbesten sollten wir viel Geld verdienen, damit das Bruttosozialprodukt stimmt. Der Staat tut das Übrige. Lehrerstellen? Wozu denn? Sparen – damit die Regierungsbilanz stimmt. Und dazu muss man natürlich frühzeitig schon den Kleinen vermitteln, wo sie stehen. Dann kommt es zu Stress - denn alle, allen voran Lehrer und Kinder, sollen im Auftrag der Gesellschaft genau das alles erfüllen.

Hilfe! - Fehlanzeige!


Pädagogische Begleiter für autistische Kinder am Gymnasium (und sonst für niemanden!), natürlich, die gibt es! 18-Jährige in der Selbstfindungsphase, die noch keinen Studienplatz haben. Sie sind billig. Natürlich kann ein Klassenlehrer Postkarten für Tierhilfsorganisationen verkaufen, Versicherungsbelege sortieren, Schüler- und Elterngespräche führen, sich fortbilden und auch mal eine Korrektur mehr machen.
Freilich, noch ein Projekt hier, ein Mobbingfall dort, drei Zusatzstunden der Lehrer in der Woche sind ohnehin gratis dabei – die darf man dem Staat nicht in Rechnung stellen. Kein anderer Arbeitnehmer dürfte derart ausgebeutet werden. Die Wochenstundenzahl der meisten Kinder würde ebenfalls jede Gewerkschaft auf den Plan rufen. Aber wir schauen gerne zu - als Eltern. Als Mitmenschen. Sind nicht betroffen. Schließlich sagt man uns: so ist das eben heute!

Oh, und wenn schon dabei, vielleicht auch noch eine kleine Nachhilfestunde mehr? Die Woche im Schullandheim – also bitte, das ist doch URLAUB! Was, abends kann man Sie nicht erreichen? Unmöglich!
Aber irgendwann ist das Maß voll.
Irgendwann liegen die Nerven der Lehrer und der Kinder blank – und die Kinder zerren an ihnen. Gerade im Sommer.
Sie sind nicht schnell genug, haben das Einmaleins oder die Kurvendiskussion immer noch nicht gelernt, diese blöden Gören.
Die Eltern drohen, und überhaupt – man spürt sie, die eigenen Grenzen und Unzulänglichkeiten.  
Moment.... die EIGENEN?
Sind nicht diese verzogenen Kinder das eigentliche Problem?
Diese Kackbratzen, die, so wie die Eltern, völlig undankbar immer mehr fordern?

Irgendwann kippt das Klima. Irgendwann halten es weder Kinder noch Lehrer mehr aus. Mit allen Überforderungen und Anforderungen, die die Menschlichkeit rauben. Man schiebt sich Schuld zu. 

Aber die Zukunft fordert doch Leistung!

Ach, und wenn wir Lehrer sind, sollten wir doch gefälligst dafür sorgen, dass die Kindlein darauf ausgerichtet werden, in diese Gesellschaft zu passen. Sie sollen sich daran gewöhnen, dass man leisten muss – auch in der ersten Klasse!
Wie heißt es so schön bei nahezu allen Einschulungen? Die Schule ist der Ernst des Lebens – und fürs Leben lernen wir schließlich!
So kommt es, dass der Druck, den Politik und Gesellschaft auf Lehrer UND Kinder abwälzen, zu Katastrophen führen. Dass bereits Kinder im Alter von sechs oder sieben Jahren Suizidgedannken entwickeln, weil sie Kommentare wie diesen lesen müssen:

((c) Bild: M. Heisler)

Statt Hilfe zu erfahren.

2018 - es kippt!

Manchmal geht bei all dem Ehrgeiz etwas schief.  Es geht jetzt schief, im Jahr 2018, heute, wenn es an manchen Schulen Baden-Württembergs die Zeugnisse gibt. Und sowohl Lehrer als auch Kinder leiden. Problembewusstsein, dass so ein Kommentar die Menschenwürde verletzt? Fehlanzeige! Weder bei Lehrkraft noch Schulleitung noch Schulamt – das ist doch „harmlos“. Und auch die Eltern sehen selten, was passiert. Wenn sie es sehen, ist der Lehrer "schuld". Die Verantwortung von Politik und Gesellschaft bleiben in der Regel unbenannt.

Das Problem ist nicht diese einzelne Lehrerin, die den Kommentar unter das Heft des Kindes schrieb. – das Problem ist, dass sie kein Einzelfall ist. Dass sie eine Vielzahl von Lehrern repräsentiert, die sich in der vermeintlichen Loyalität zum Staat den eigenen Verstand, die Empathie und die Distanz zum eigenen Tun militärisch haben abtrainieren lassen. Sie produzieren angepasste, duckmäuserische, nur im verborgenen eskalierende Kinder. Oder welche, die irgendwann ihre Lehrer schlagen, weil sie spüren, dass diese es ihnen gleich tun würden, wenn sie könnten. Sie arbeiten nicht an und mit kleinen selbstbewussten Menschen, denen man guten Gewissens überlassen kann, einem irgendwann mal den Uterus heraus zu operieren. Weil sie darauf getrimmt sein werden, schnell zu arbeiten. Weil sie Spartenwissen haben werden – und ständige Angst vor dem Versagen. Weil sie unfrei in sich selbst sein werden. Weil sie keine Lehrer haben, die Zeit für sie haben - sondern welche, die dem Diktat der Leistung hinterher rennen und längst genauso verzweifelt sind, wie die Kinder.

Das Problem ist das Verhamlosen der zwischenmenschlichen Katastrophen und ihrer Folgen – weil man ratlos ist. Weil man sich auf den Ist-Zustand besinnt. Man MUSS aber doch leistungsfähig sein. Oder etwa nicht? NEIN, man MUSS es nicht.

WIR MÜSSEN GAR NICHTS!


Das Leistungssystem und das Menschenbild in diesem Land – sie werden sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Aber die Politik könnte es.
Durch Entlastung der Lehrer.
Durch Verantwortungsübernahme für die eigenen Versprechen in Form von reduzierten Belastungen der Kollegien.
Beispielsweise durch echte Sonderpädagogen und Sekretariatskräfte.
Durch die Rückkehr zu G9 und das Verlassen der vierjährigen Grundschule.
Durch die Einführung von Ethik ab Klasse 1.
Durch Zeit für Elterngespräche und Geld für Ausstattung gesprächsförderlicher Räume.
Und nicht zuletzt kann auch die Gesellschaft einen ersten Schritt tun: Wertschätzung für alle Lehrerinnen und Lehrer und alle Kinder, die heute, morgen oder in einem Jahr in die Ferien entlassen werden. SIE ALLE haben es verdient!

Montag, 11. Juni 2018

Bölls Irisches Tagebuch und Das Grüffelokind - zwei Bücher, die ich wichtig finde #Blogparade #BücherdiemeinLebenveränderthaben



Allein schon beruflich lese ich ja irre viel. Muss man als Deutschlehrerin ja auch - und darf deswegen sogar alle Bücher steurlich absetzen. Berufslesen also: Kinderbücher, Jugendbücher, Märchen, Sagen, Weltliteratur. Und dann gibt es noch das Konsumlesen. Krimis, Thriller, Comics, Graphic Novels. Das Wissenslesen von Jagdgesetzen, Veterinärmedizin, linguistischen Fachkompendien und Reiseführern. Und dann das Zeitvertreibslesen von Zeitschriften, Zahncremetuben, aber eben auch von Büchern: Trivialliteratur.
Und nun soll ich also im Rahmen einer Blogparade über EIN BUCH, DAS MEIN LEBEN VERÄNDERTE schreiben. 

Das geht kaum. Denn letztlich verändert jedes Buch dein Leben.
Nach jedem Buch, das Du liest, hast Du eine andere Welt, eine andere Sichtweise und und vielleicht auch einen anderen Teil Deiner Selbst kennengelernt. Manche Bücher katapultieren Dich in andere Welten, manche Bücher bringen Dich nicht nur metaphorisch voran - und manche Bücher holden Dich wieder in die Wirklichkeit zurück. Du kannst fliehen, eintauchen, den Horizont erweitern - jedes Buch ist eine Reise irgendwohin.
Zwei Bücher haben mein Leben aber doch ganz konkret verändert.
Da war nämlich Heinrich Bölls "Irisches Tagebuch", das ich vor meiner ersten eigenen Irlandreise las. Als Kind und Jugendliche lokalisierte ich Irland geographisch in der Nähe des Irak und des Iran.
Phonetisch passte das - und semantisch auch: Länder, in denen Krieg wegen des Glaubens ist beginnen also mit "Ir-"!
Dann las ich Bölls Tagebuch - und es eröffnete sich eine ganz, ganz andere Welt. Böll beginnt das Tagebuch mit den Worten „Es gibt dieses Irland: wer aber hinfährt und es nicht findet, hat keine Ersatzansprüche an den Autor.“ - und ich war gespannt, denn vorstellen konnte ich mir nicht, was er meinte, als ich das Tagebuch auf der Hinreise zwischen Stuttgart und Wexford las. 

Denn zwischen dem Erscheinungsjahr und meiner Reise lag fast ein halbes Jahrhundert. Umso erstaunter war ich, als mir die Menschen, die Böll beschreibt, begegneten (obwohl ich im Süden und er im Westen und Nordwesten war).
Eamonn, der alte irische Rebell, Pete, ein Busker aus Wales, der sich nach seinen Kämpfen im Falkland-Krieg nach Irland zurück zog, Butch, der Hostelier, bei dem ich in Wexford arbeitete und Ritchie, ebenfalls aus Wales, der im gleichen Hostel arbeitete und Eve from Belgium, die dort die Betten machte. Alles waren sie Unikate, die ich während meiner kurzen Ferien-Arbeit im Kirwan House kennenlernte. Nicht aus Bölls Buch, aber Leute, die ich wohl nur durch Bölls Auftakt so wahrnehmen konnte, wie sie waren. Böll öffnete meinen Blick für die Menschen, wie sie waren, weil er 50 Jahre vorher eben dies als zu erhoffen beschrieb. Irland nimmt und gibt die Menschen in ihrer ganzen Person, nicht in ihrer Fassade. Und so zeigt Irland Dir auch die Ruinendörfer, die von früher künden und Dir geschichten schenken, wie Böll sie fiktiv erlebte. Das irische Tagebuch eröffnet mit seinen Kurzgeschichten rund um Land und Menschen diese Hoffnung, die Sehnsucht, die wir alle haben. gesehen zu werden, wie wir sind und zu spüren, was ist. Es geht in Irland, nicht in dem Buch allein, um das Wesentliche und um die Freude am Leben im Moment. Es geht um den Regen in deinem Gesicht, wenn am Horizont der Regenbogen glänzt und Du weißt, dass da Sonne ist. Es geht darum, sich Zeit zu nehmen, die einem gehört.
Auch 2017 noch. Da war ich nach langer Pause einmal mehr in Dublin, zusammen mit meiner Freundin Julia und den Schülern unserer Obersufe, da gab es dieses Irland noch.
„Es gibt dieses Irland", dieses unmittelbare, menschliche, warme und regnerische, das lebensfrohe und zugleich melancholische, das Irland der Vergangenheit und das Irland der Gegenwart. Sicher auch eines der Zukunft - aber genau darum geht es nicht. "Wer aber hinfährt und es nicht findet, hat keine Ersatzansprüche an den Autor", denn es liegt an dir, ob Du es sehen kannst oder nicht.

 ... das zweite Buch, eine Adaption des Märchens "Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen", ist...

.. DasGrüffelokind! Zum einen ist es ein unglaublich schönes Buch über Mut, Neugierde und die Ängste der Eltern. Zum anderen ist es ein Buch, das meine Kinder zeitweise jeden Abend vorgelesen haben wollten. Manchmal zweimal, manchmal dreimal.
Fast wäre mir das Buch auf den Geist gegangen. Dann aber hatte ich die rettende Idee: ich würde mich einfach konservieren. Aufnehmen. Und dann meinen Kindern das Buch vorlesen, so oft sie wollten. Aber wie? Wo?
Naja... es war die Zeit des beginnenden YouTube-Hypes. Also: dort!
Mein Leben hat das Ganze deswegen verändert, weil ich so überhaupt mit diesem Medium anfing umzugehen. Weil mir dort unqualifizierte Kommentare begegnen - und ich lerne, sie nicht ernst zu nehmen. Weil ich durchschaue, dass es vielen Menschen gar nicht mehr um genau das geht, was man bei Böll erfährt. Und weil ich lerne, dennoch in dieser Welt zu leben. Denn sie hat Irland!
... DAS GRÜFFELOKIND
 











Mittwoch, 30. Mai 2018

Datenschutz - in leichter Sprache


Datenschutzerklärung - privat!
Wir machen es jetzt mal kurz: Du nutzt das Internet – und wir lernen nicht erst seit der Schule: Was im Netz war, bleibt im Netz. Das heißt: Du hinterlässt Spuren. Und diese Spuren werden gesammelt – und man kann Dich finden.
Wenn Du das nicht möchtest: VERLASSE BITTE SOFORT DIESE SEITE.
Wenn Du den Browser schließt – und die richtigen Einstellungen hast - werden Teile dieser Spuren, die Cookies [bescheuerter Name!], die seit Jahrzehnten rumirren und seit einem Jahr überall akzeptiert werden müssen, gelöscht.
Jetzt weißt Du das – und, auch das entbehrt nicht einer gewissen Logik: je aktiver Du bist, wenn Du also Kommentare verfasst, Einträge erstellst oder auf Links klickst, dann werden diese Bewegungen erfasst. Nachvollzogen – und sogar von Programmen ausgewertet, die Dein Nutzerverhalten analysieren. Das Ganze geschieht, damit Webseiten, auch diese, nutzerfreundlicher sind. Aber – das gebe ich zu: auch um Affiliate-Programme zu bedienen und damit die Betriebskosten abzudecken.

Der Rest –also dein Name und alles weitere, was Du freiwillig hier hinterlässt, geht mich nix an – und interessiert mich auch nicht. Solltest Du also freiwillig Daten hinterlassen – was Du besser nicht tust, denn das stresst uns nur alle! – bist Du selbst dafür verantwortlich. In anderen Worten: DU schreibst Deinen Namen hier ins Gästebuch. Dann ist das Dein Problem, denn jeder kann ihn lesen. Ich mache dann gar nichts mehr damit, außer den Beitrag freizuschalten, wenn er mir gefällt, oder zu löschen, wenn nicht.
Jetzt bist Du wahrscheinlich froh, auf meiner Seite zu sein, denn immerhin findest Du hier nichts Verwerfliches, Unanständiges oder Verbotenes. Allerdings gehst Du das Risiko ein, dass ich herausfinde, dass Du meine private Datenschutzverordnung klaust. Deswegen: lass das bitte.

Und denk dran: das nächste Mal, wenn Du eine Porno-Seite besurfst.... die haben die gleichen Speichermethoden. Nichts ist mehr, wie es mal war. In diesem Sinne....

.... am sichersten sind Deine Persönlichkeitsrechte und Daten im Wald. Geh doch mal wieder raus!

(Hier nochmal in kompliziert: Datenschutzrichtlinie)


Montag, 16. April 2018

Schwabenstreich in Nehren - oder: Wie Nehren eine Spielstraße bekam

----- Prolog -----

Ein Schwabenstreich ist eine dumme Handlung. So wurde dem Gemeinderat des kleinen Ortes Nehren im Steinlachtal im Frühjahr 2018 vorgeworfen, einen solchen verursacht zu haben, als man auf Anraten der Verkehrsbehörde beschloss, ein kleines Stück Straße zu einem Platz umzuwidmen. Mit 10:5 Stimmen - fraktionsübergreifend. Das zog den Zorn der Bevölkerung nach sich. Man hatte sie ihrer Freiheit beraubt, dort zu fahren. Dieser Schwabenstreich würde sich rächen - man würde den Straßenabschnitt nicht kampflos dem Nicht-Fahren überlassen, oh nein - einen Schwabenstreich habe der Gemeinderat produziert und sich lächerlich gemacht.

Obwohl es keine Argumente gab, holten die schwäbischen Wut-Bürger bei einer Bürgerbefragung mit 70:30 Prozent raus, was sie wollten: keinen Platz!

Ein Schwabenstreich ist aber vor allem eines: eine klug durchdachte, mutige und intellektuell absolut ausgreifte Aktion und Heldentat. In der Regel folgt dem hämischen Spott der Gegner ein Erbleichen und Erstarren - wenn sie merken, dass ihnen eben diese Klugheit fehlte....

----- Der Ort -----

Ich lebe in einem Dorf.
Das ist jetzt keine Beleidigung – weder für mich noch für das Dorf, auch wenn ich eigentlich aus dem Nachbardorf stamme.

Das Dorf zählt zu den schönsten Deutschlands, über "uns" wurden Dokus gedreht, man hat hier mit Bürgerkraft die Gasthausgenossenschaft Schwanen gestemmt und wir liegen an der Fachwerkstraße, weil wir einfach echt schöne, alte Häuser und noch dazu Geschichte haben. Hier ist der Philosoph Hans Vaihinger geboren worden und auch die Wiege des späteren Bierbrauers Ernst-Immanuel Wulle stand in diesem Dorf. Es heißt Nehren, liegt am Fuße der Schwäbischen Alb und entwickelt sich derzeit zu einem Tourismusmagneten.

Und im Großen und Ganzen sind auch die Ur-Einwohner ganz in Ordnung. Wäre da nicht dieser Starrsinn, nichts ändern zu wollen. Und dieser Hass, der sich unterhalb der gutbürgerlichen Spitzendecke in Niedertracht und schwäbischem Kleingeist durch die Gassen zieht. Denn es war ja klar, dass schon die Mutter des heutigen Gemeinderates, als sie selbst noch Rätin war, seinerzeit zu Onkel Karls Zeiten, falsch entschieden hat, als es drum ging, ob der Fußballplatz links oder rechts des Baches liegen soll. Und dann hat auch noch die Neubürgerin den Mann geheiratet, den die Tochter - Ur-Nehrenerin!- gewollt hätte. Und ZUDEM wohnt ein linker Gemeinderat in Onkel Ottos Haus. HAT DER EINFACH GEKAUFT! Sowas lässt man nicht durchgehen - das braucht, wohl schon seit je her, ein Ventil, wenn es genug ist. Dann muss der Druck raus - und man scheut sich nicht, um sich zu hauen und zu stechen.

Deswegen steht auf dem Dorfbrunnen auch das Motto der liebenswert-gehässigen Einwohnerschaft: "Naihremer Nodla, dia stechet so fei - dia stechet anander ens Hemmedle nei!" (Auf Hochdeutsch: man piesackt sich hier gerne feinstichelig und auch mal ohne Rücksicht auf Verluste - Kollateralschaden ist der zweite Dorfname!)

----- Dramatis Personae -----

Wie gesagt – eigentlich sind sie ganz in Ordnung, die Alteingesessenen. Man könnte sogar mit ihnen reden und sie wären, wie sich im Folgenden zeigt, vernünftigen Lösungen gegenüber nichtmal abgeneigt. Wäre da nicht das PRINZIP; dass man sich nichts gefallen lässt, als kleiner Bürger schon GAR NICHT, und erst RECHT nicht "bevormunden"! Sowieso gar nicht von einem Gemeinderat, den man selbst gewählt hat, und - wir erinnern uns - dessen Vorgänger schon zehnmal falsch entschieden hatten. Deshalb ist man hier seit Jahren automatisch gegen alles, was vom Rat kommt, erst recht, wenn es ein bißchen links oder grün oder anders riecht, als das, was man kennt. AUS BRINZIBB! Ond weil m'r a Nodel isch - reachde Naihremer lend sich noons ed g'falla!

Aber ein bißchen handtätschelnd harmoniesüchtig ist man dann doch auch - Frieden will man am Ende schon in "seinem" Dorf. Wer weiß, nicht, dass die nächste Nadel im eigenen Hintern landet...... das mit der Harmoniesucht ist gut so. Denn damit kann man arbeiten!

Hass und Niedertracht also, in allen Ausprägungen die sich in Nehren zwischen dem Dezember 2017 und dem April 2018 zeigten, sind schwer kalkulierbar. Denn es ging darum, dass der Gemeinderat einen verkehrsberuhigten Bereich im Dorf wünschte. IM DORF - nicht etwa außerhalb, wo sowieso keiner fährt und es einem egal wäre - nein IM DORF! Und noch schlimmer - man wollte 30 Meter einer Straße KOMPLETT sperren. Also richtig - ohne Durchfahrt. Und mit einem Umweg für 18 Autos von 250 Fahrmetern (laufen, also den direkten Weg, das geht nicht in Nehren - muss man verstehen!). Also würde man gelaufen sein, hätte man ja nicht mal einen Umweg und deswegen auch keinen Grund zur Aufregung gehabt.

Und so spaltete sich im Fühjahr das Dorf in die folgenden Personengruppen:

In Dafürworter - die die Entscheidung des Gemeinderates akzeptierten oder sogar öffentlich gut hießen.

Und in DaGegna - die eben dies nicht taten und die Entscheidung ihrer Mandatsträger öffentlich bloßstellten. Denn: never mess with a Naihremer Nodel!

----- Historie -----

Eigentlich wäre es wohl egal gewesen - der Nehrener Gemeinderat hätte auch beschließen können, Kugelakazien beidseitig einer Straße zu pflanzen oder Energiesparlampen auf den öffentlichen Wegen zu verwenden. Es hätte einen Aufschrei gegeben - denn: siehe oben: AUS BRINZIBB! Des hot m'r no nie ghet! Da ist der Nehrener treu, denn, so führt Carlos Walz Mitte des 19. Jahrhunderts zum Misstrauen der damaligen Bauern in Nehren aus: „Der genügsame, oft grüblerische Menschenschlag hat eine starke Abneigung gegen Neuerungen. Weniger die Liebe zum Althergebrachten als vielmehr die Angst, etwas zu verlieren, gipfelt in dem eigensinnigen Spruch: "Do hot mei Vadder g´migget, ond do migge i au, ond wenn´s de Buckel nuff ghot.“ Für Nicht-Schwaben: „Da hat mein Vater gebremst, da bremse ich auch, und wenn es den Berg hinauf geht“.

Man ärgerte sich also sehr über die Neuerung, die der Gemeinderat und der Schultes da beschlossen hatten.

Und wenn der Nehrener Bürger verärgert ist, dann wird es böse. Denn wie gesagt: Hass und Niedertracht sind schwer zu bändigen!

----- Dramatische Zuspitzung -----

Da gab es eingeworfene Schaukästen, kotbeschmierte Häuser, zerstochene Reifen, stillos gefälschte Leserbriefe und Drohungen selbst gegen Kinder und anonyme Briefe. Auch das Wohl der Kinder wurde instrumentalisiert und manche Leute sind sogar aus ihrem Kleintierzuchtverein ausgetreten - sagt man!
Welche Abgründe noch kommen, ist also offen.

----- Die (für einige) unerwartete Wendung -----

Anders aber ist es mit dem reflexhaften Dagegenschießen in Kombination mit der Spitzendeckenharmonie durchaus. Und so kam es am 15. April 2018, dass der Gemeinde und den Dafürwortern einer verkehrsberuhigten Zone etwas gelungen ist, was noch vor 30 Jahren niemand für möglich gehalten hätte: sie haben bekommen, was sie wollten - indem sie forderten, was vermessen war! Ehrlich gesagt: das klingt ein bißchen nach Strategie - war aber bestimmt nur Zufall!

----- Das Schauspiel: WIR sind das Volk! -----

Das Etablieren einer verkehrsberuhigten Zone mitten in einem Dorf voller Raser, Autofahrer und Blechkutschenfetischisten, in der sich 30 Jahre alle gegen eine Eingrenzung ihrer persönlichen Freiheit wehrten, schien unmöglich. Vor allem, wenn sie von dem Gemeinderat gewollt ist. Da MUSS man ja dagegen sein.

Was also tun? Beantragt man eine Spielstraße, ist ganz klar, dass sich mindestens alle Autofahrer aufschwingen würden.

Tut man gar nichts, bleibt im Dorf alles, wie es ist - das Tempo ist auf 30 reduziert, alle fahren 50 bis 70 und so richtig im Ort aufhalten will sich keiner. Schlecht.

Also muss man fordern, was wirklich verrückt ist - die erste Fußgängerzone des Tals, auf 30 Metern - und das ohne Geschäft. Klingt ein bißchen verrückt - fanden die DaGegna auch, und plötzlich waren sie alle Demokraten und mussten bei einem Bürgerentscheid dem gemeinderat zeigen, wo der Hammer hängt. Also wenigstens den Linken! Den Bürgerlichen und Christdemokraten, die sich ebenfalls für die Variante "Platz vor Straße" ausgesprochen hatten, muss man entweder Willenlosigkeit oder andere Gründe mentaler Absenzen nachgesehen haben - denn die wurden zumindest nicht öffentlich angegriffen. Sei's drum - der Rat beschloss also: Autos weg von dieser Straße und der Mob tobte. Unter der Gürtellinie, jenseits aller Argumente und letztlich oftmals stillos. Aber: die Harmoniesucht. Diese Harmoniesucht zusammen mit dem krankhaften "DaGegen" treibt zuverlässig Blüten und ist wie gesagt außerordentlich kalkulierbar, denn schon bald schwangen sich im Hintergrund des Mobs die Friedensengel - alte Gemeinderäte, seit 23 Jahren ruhende Ex-Bürgermeister und pensionierte Verwaltungsfachangestellte - auf. Alles akzeptierte Koryphäen der Autolobby und der chronischen Nehrener Neuzeitverweigerer, die unterstützt durch einen unabhängigen Verkehrsplaner zu dem Schluss kamen: Der Gemeinderat hat Mist gebaut - einen PLATZ braucht doch keiner. Aber so ein bißchen weniger Verkehr, also - da wäre doch das Friedensangebot, damit alle glücklich werden und niemand mehr die Geranien des Nachbarn vergiften muss: eine SPIELSTRAßE. Das wäre doch ein Kompromiss. Ein TOLLER Kompromiss - der natürlich deswegen toll ist, weil er NICHT vom Gemeinderat kommt (dessen Vorgenerationen ja schon nur Blödsinn gemacht hatten!). Also schrien die DaGegna: WIR sind das VOLK - und WIR WOLLEN EINE SPIELSTRAßE. KEINEN PLATZ!

----- Abgesang -----

Nun, wie das Gemeinderäten - auch den linken! - so ist: der Klügere gibt nach (und lässt die echte Arbeit die anderen machen).

Und so klärt sich dann auch, wieso die Dafürworter des Platzes schon die ganze Zeit davon sprachen, dass das Aufbegehren gegen die anvisierte Fußgängerzone ein echter Schwabenstreich werden sollte......... denn eins war klar: Die Dafürworter KONNTEN nur gewinnen.
DANKE NEHREN - DANKE, DaGegnAs - für eine richtig geile Spielstraße, die Ihr selber wolltet. Mit Tempo 4 - 7 km/h (stand heute in der Zeitung!) - Ich werde dort Fußballspielen lernen!

----- Epilog -----

Sollte an der Redensart etwas dran sein, dass entsprechende Motorgeräusche umgekehrt relational zur Potenz der Fahrer stehen, muss man sich hier keine Sorgen machen: das Problem des Starrsinns wird sich biologisch selbst lösen, Nehren wird aussterben!